Brief an die Arbeitgeber

Dieser Artikel der Zeit bringt mich zu einem Thema, das mich schon eine Weile beschäftigt. Deswegen richtet sich dieser Eintrag auch an die Arbeitgeber, die Mitarbeiter suchen:

Liebe Arbeitgeber,

Sie suchen einen Mitarbeiter, der fachlich und menschlich auf die Stelle und in Ihr Unternehmen passt, die Sie besetzen wollen? Sie haben es schon auf einigen Wegen versucht, weder eine interne Umbesetzung, noch das Netzwerk aus Kontakten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben auf dem „kurzen Dienstweg“ einen passenden Bewerber hervor gebracht. Sie waren gezwungen eine teuere Anzeige zu schalten, Zeit von Abteilungsleitern und Personalmitarbeitern zu binden, in der Hoffnung jetzt auf dem klassischen Weg der Stellenanzeige einen passenden Bewerber oder eine passende Bewerberin zu finden. Möglicherweise haben Sie Sorge trotz aller Mühen den falschen Bewerber einzustellen und entweder mit einem schlechten Arbeitsergebnis leben müssen oder die MitarbeiterInnensuche wieder von vorne starten zu müssen.

In meinen Coachings und Training führe ich die mögliche Position des suchenden Arbeitgebers den Teilnehmerinnen und Teilnehmern immer sehr eindringlich vor Augen, damit sie lernen sich auch einmal in die Situation dessen zu versetzen, der einen Mitarbeiter sucht und darauf ihre Bewerbungsstrategie aufzubauen. Das ist für die meisten Arbeitssuchenden ein aufwendiger und manchmal auch langwieriger Prozess. Mit einem Lebenslauf und einem halbwegs ansprechenden Anschreiben ist es da nicht getan. Meist werden die persönlichen Kompetenzen der TeilnehmerInnen intensiv durchgearbeitet und am Ende wissen meine Teilnehmer und Teilnehmerinnen nach dem Kurs oder Coaching oft eine ganze Menge mehr über sich als vorher. Dann kommt die Auseinandersetzung mit Stellenausschreibung, Unternehmen und Branche. Alles in allem ein hochaufwendiges Verfahren, um eine neue Arbeit zu finden.

Schauen wir uns nun aber Ihre Mitarbeitersuche an. Fangen wir mit der Stellenanzeige an:

Wenn ich so die Stellenausschreibungen betrachte, ärgere ich mich schon über die aussagelosen und von hohlen Phrasen strotzenden Beschreibungen, vor allen wenn es um den Bereich der Bewerberprofils geht. Manchmal macht es den Eindruck, dass die Abteilung, die für die Formulierung solcher Anzeigen verantwortlich ist, davon ausgeht, dass eine Art „Bullshitbingo für Bewerbungsphrasen“ zum guten Ton einer Stellenausschreibung gehört. Klassiker sind Schlagwortaufzählungen wie:

– Teamfähigkeit, Organisationstalent und Flexibilität werden vorausgesetzt.

Mal ehrlich liebe Arbeitgeber, was meinen Sie denn genau damit?

Haben Sie sich schon mal mit Ihren Teams auseinander gesetzt und wissen, welchen Typ Menschen Sie als neuen Mitarbeiter brauchen, um aus einem Team mehr zu machen, als jeder einzelne ist? Oder züchten Sie – wenn Sie ehrlich zu sich sind – in Ihren Abteilungen Persönlichkeitsmonokulturen?

Welche Art der Flexibilität suchen Sie eigentlich? Angefangen bei der Differenzierung zwischen zeitlicher, räumlicher und geistiger Flexibilität.

Organisationstalent? Was und wo soll etwas organisiert werden? Muss etwas Neues aufgebaut werden? Oder muss der neue Mitarbeiter in der Lage sein sich nahtlos in ein bestehende Organisationsstruktur einzufügen?

Warum ich Sie das frage? Das kann ich Ihnen sagen. Meine Kunden, die sich in oben beschriebener Weise vorbereitet haben, erleben in Vorstellungsgesprächen oftmals ihr blaues Wunder. Wenn diese nämlich mal zurück fragen, bekommen Sie meist keine vernünftigen Antworten. Sie beschreiben die Reaktion Ihrer Gesprächpartner von peinlich berührt bis verärgert. Was für mich nichts anderes bedeutet, als das viele Arbeitgeber nicht gut auf gut vorbereitete Bewerber vorbereitet sind.

Ich gebe mal ein konkretes Beispiel. In einem Unternehmen in der Nähe von Bonn wurde eine Führungskraft gesucht. Zumindest stand es so in der Stellenanzeige. Dieser Hinweis fand sich ungefähr fünf Mal in der Stellenanzeige. Also hat sich mein Kunde entsprechenden vorbereitet. Wir dachten, wenn diesem Unternehmen das so wichtig ist, dann haben sie sich Gedanken dazu gemacht. Aber weit gefehlt. Als mein Kunde im Verlaufe des Gesprächs nachfragte nach welchen Kriterien und/oder Grundsätzen nun denn in der Abteilung geführt würde, verschlug es dem potentiellen Vorgesetzten erst die Sprache, die Personalleiterin lächelte (mein Kunde sagte exakt, sie grinste) und die Antwort war dann: Er führe aus dem Bauch!

Ich muss wohl nicht erwähnen, dass hier keine Zusammenarbeit zustande kam.

Das der Aspekt des Personalführens in den meisten deutschen Unternehmen eine eher untergeordnete Bedeutung hat und eher auf Leitung und Management geachtet, ist ein altbekannter Umstand. Aber das nur am Rande.

Liebe Arbeitgeber,

es würde mich persönlich sehr freuen und auch für meinen Kundinnen und Kunden, wenn Sie sich das nächste Mal auf ihre Vorstellungsgespräche gut vorbereiten, denn es kann sein, dass ein Bewerber bei mir war, bevor er oder sie sich bei Ihnen beworben hat. Das ist deswegen so wichtig, weil meine Kundinnen und Kunden sich meistens sehr bewußt für eine Bewerbung in einem bestimmten Unternehmen entscheiden, sich aufwendig vorbereiten und hochmotiviert sind. Eigentlich ein Gewinn für Ihr Unternehmen.

Mit freundlichen Grüßen
Margret Hübner

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